Ein starker Typ
Sachsens berühmtester Herrscher legte auf Sparsamkeit keinen Wert: Essen und Trinken und Frauen und schöne Paläste liebte er sehr. Obwohl schon Kurfürst, wollte er um jeden Preis König werden. Warum?
Seinem Lieblingsmaler, Louis de Silvestre, stand Friedrich August gerne Modell. Auf diesem Bild ist der Kurfürst noch jung.
Friedrich August war stark, dabei allerdings fett: Immerhin brachte der lebenslustige Mann bei einer Körpergröße von 1,76 Metern zeitweise rund 120 Kilo auf die Waage. Was ihn nicht hinderte, einen Thronfolger und mindestens fünf illegitime Nachkommen zu zeugen. Die häufig genannte Zahl 365 ist, obwohl bezeichnend, Legende.
Es war Barock!
Sachsens Herrscher, der Völlerei zugeneigt und sinnenfroh, stellte unter den Mächtigen des 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts keinen Sonderfall dar. Denn: Es war Barock! Wie ein Reflex auf Kargheit und Elend des noch frisch im Gedächtnis lebenden Dreißigjährigen Krieges wirkt dieser üppige Stil, erfasst Bauten und Mode, Wirtschaft, Sexualität, Ernährungsgewohnheiten und Denken.
Monarchen sind damals was sie sind durch Gottes Gnade und müssen ihr Amt nicht rechtfertigen durch Leistung. Pracht entfalten, Titel sammeln, das hingegen müssen sie, weil sich danach ihr Platz in Europas Rangordnung bemisst. Ein anderes, überlegenes Prinzip - der Fürst als bescheidener erster Diener des Staates - dämmert nur langsam von Norden, von Brandenburg-Preußen, herauf.
Der Zweitgeborene
Doch der Reihe nach: Friedrich August wird als zweitältester Sohn am 12. Mai 1670 in Dresden geboren. Vom Vater, Johann Georg III. von Sachsen, der 1691 stirbt, erbt er die Leidenschaft für Hofdamen. 1694 stirbt auch Friedrich Augusts älterer Bruder; der Zweitgeborene ist nun Kurfürst und nimmt, ohne viel Erfolg, an den Türkenkriegen teil.
Innenpolitisch hat der neue Kurfürst die damals üblichen Probleme: Der alteingesessene Adel beansprucht Mitspracherecht, was Steuern und Abgaben betrifft. Friedrich August drängt den Einfluss des Adels zurück und versucht, im Geist des Absolutismus zu regieren. Ganz gelingt ihm das nie.
Alles dreht sich ums Geld. Davon braucht der Dresdner Hof jede Menge. 1697 steht nämlich der polnische Königsthron zum Verkauf. Polen ist ein Wahlkönigtum. Wähler sind die Mitglieder des Sejm, des polnischen Adelsparlaments. Unsummen fließen. Friedrich August soll während des polnischen Abenteuers rund 39 Millionen Reichstaler allein an Bestechungsgeldern ausgegeben haben.

Polens Sejm bei Augusts Krönung: Doch so gesittet ging es vorher nicht immer zu. Der Weingenuss forderte Todesopfer!
Ganze Landstriche Kursachsens veräußert der Herrscher, nimmt Kredite auf, erhöht Steuern. Hilfreich ist der Hofjude Lehmann, welchen Friedrich August 1696 aus Hannover holt. Lehmann, gut vernetzt sogar weit östlich der Oder, verschafft Friedrich August die polnische Krone, gegen fast zwei Dutzend konkurrierende Bewerber. Den Sejm, berichten Augenzeugen, habe er unter Ströme von Geld und Alkohol gesetzt. Friedrich August, begierig auf den Titel, konvertiert zum Katholizismus, da ein König von Polen eben nur katholisch sein kann. Die mehrheitlich protestantischen Sachsen haben zu zahlen...
Seite
1
| 2
Dieser Artikel gehört zum Thema
August der Starke | ![]() |
Infobox
Die Angeberei mit dem Hufeisen
Im Februar 1711, vierzig Jahre alt, soll August ein Hufeisen mit bloßen Händen zerbrochen haben. Beflissene Diener fertigten von der Tat eine Urkunde an. Hufeisen und Zertifikat ließ August in der Kunstkammer aufbewahren. Das Volk jubelte dem "sächsischen Herkules" pflichtgemäß zu. Was steckte dahinter?
Kennzeichnend für August war die Sucht, im Mittelpunkt zu stehen. Dieses selbst von Zeitgenossen als auffällig vermerkte Verhalten hatte seine Wurzel in Friedrich Augusts Jugend. Vernünftigerweise durfte Friedrich August als zweitältester Sohn nie damit rechnen, mit 24 Jahren auf den Thron zu gelangen, wie es tatsächlich geschah. Der junge Mann fühlte sich zurückgesetzt und kompensierte; die Mittel waren Schauspielerei, Tafelgenüsse - und Frauen.
Bei fortschreitendem Alter trat der Charakterzug immer deutlicher zu Tage: Eitel verleugnete der Monarch Krankheit und Schwäche. Seine ungesunden Ess- und Trinksitten änderte August schon deshalb nicht, weil so etwas eine Konzession an das Alter gewesen wäre. Übergewicht, Diabetes, Geschwüre an den Füßen und andere Beschwerden plagten ihn immer schlimmer.
Bluthochdruck und akute Störungen des Fettstoffwechsels gaben August den Rest. Der eitle Herrscher erlag am 1. Februar 1733 um vier Uhr morgens einem Schwächeanfall mit Herzversagen. Er wurde 62 Jahre alt.
Kennzeichnend für August war die Sucht, im Mittelpunkt zu stehen. Dieses selbst von Zeitgenossen als auffällig vermerkte Verhalten hatte seine Wurzel in Friedrich Augusts Jugend. Vernünftigerweise durfte Friedrich August als zweitältester Sohn nie damit rechnen, mit 24 Jahren auf den Thron zu gelangen, wie es tatsächlich geschah. Der junge Mann fühlte sich zurückgesetzt und kompensierte; die Mittel waren Schauspielerei, Tafelgenüsse - und Frauen.
Bei fortschreitendem Alter trat der Charakterzug immer deutlicher zu Tage: Eitel verleugnete der Monarch Krankheit und Schwäche. Seine ungesunden Ess- und Trinksitten änderte August schon deshalb nicht, weil so etwas eine Konzession an das Alter gewesen wäre. Übergewicht, Diabetes, Geschwüre an den Füßen und andere Beschwerden plagten ihn immer schlimmer.
Bluthochdruck und akute Störungen des Fettstoffwechsels gaben August den Rest. Der eitle Herrscher erlag am 1. Februar 1733 um vier Uhr morgens einem Schwächeanfall mit Herzversagen. Er wurde 62 Jahre alt.
Infobox
Krone und Talmud
Berend Lehmann (1661 bis 1730) war ein jüdischer Kaufmann aus Hannover. Seine mannigfaltigen Beziehungen nach Osteuropa stießen bei Friedrich August I. auf Interesse. Im Zuge der Bewerbung des Kurfürsten um die polnische Krone wurde Lehmann 1696 Berater am Dresdner Hof.
Lehmann machte sich schnell unentbehrlich. Etliche Höflinge waren erstaunt über das Vertrauen, das der Hoffaktor, so die offizielle Bezeichnung, genoss. Im "Alleinauftrag" sanierte Lehmann den Haushalt. Dass "eine so wichtige Sache keinem geschickteren und geachteteren Mann als dem Monsieur Lehmann anvertraut wird", monierte die Gräfin von Königsmarck, eine ehemalige Mätresse des jungen Kurfürsten. In puncto Geschick hatte die Dame Unrecht.
Denn der Plan des Kurfürsten ging auf: Verkäufe und Verpfändungen brachten dem Hof und auch dem Hoffaktor viel Geld. 1697 kaufte sich Friedrich August I. die polnische Krone, sein Hofjude regelte alle Einzelheiten. Berend Lehmann bekam zehn Millionen Taler. Von nun an wurde Lehmann auch offiziell diplomatisch aktiv.
Den neu erworbenen Reichtum nutzte der einflussreiche Finanzmann, um in Halberstadt eine Synagoge und eine Bildungsstätte, die Klaus, bauen zu lassen. Heute befindet sich in dem traditionsreichen Gebäude die Moses-Mendelssohn-Akademie. Auch in Dresden erstarkte die jüdische Gemeinde dank Lehmanns Reputation.
Der Hofjude Augusts des Starken förderte den Druck des Talmud und wurde seiner Rolle als Lobbyist des Judentums am absolutistischen Hof gerecht. 1730 verstarb Berend Lehmann. Für sein kommunikatives und finanzielles Geschick wurde er geschätzt und gehasst. Das Berend-Lehmann-Museum in Halberstadt schildert sein Wirken.
Mehr dazu: Artikel über Berend Lehmann in Medaon, Magazin für jüdisches Leben.
Lehmann machte sich schnell unentbehrlich. Etliche Höflinge waren erstaunt über das Vertrauen, das der Hoffaktor, so die offizielle Bezeichnung, genoss. Im "Alleinauftrag" sanierte Lehmann den Haushalt. Dass "eine so wichtige Sache keinem geschickteren und geachteteren Mann als dem Monsieur Lehmann anvertraut wird", monierte die Gräfin von Königsmarck, eine ehemalige Mätresse des jungen Kurfürsten. In puncto Geschick hatte die Dame Unrecht.
Denn der Plan des Kurfürsten ging auf: Verkäufe und Verpfändungen brachten dem Hof und auch dem Hoffaktor viel Geld. 1697 kaufte sich Friedrich August I. die polnische Krone, sein Hofjude regelte alle Einzelheiten. Berend Lehmann bekam zehn Millionen Taler. Von nun an wurde Lehmann auch offiziell diplomatisch aktiv.
Den neu erworbenen Reichtum nutzte der einflussreiche Finanzmann, um in Halberstadt eine Synagoge und eine Bildungsstätte, die Klaus, bauen zu lassen. Heute befindet sich in dem traditionsreichen Gebäude die Moses-Mendelssohn-Akademie. Auch in Dresden erstarkte die jüdische Gemeinde dank Lehmanns Reputation.
Der Hofjude Augusts des Starken förderte den Druck des Talmud und wurde seiner Rolle als Lobbyist des Judentums am absolutistischen Hof gerecht. 1730 verstarb Berend Lehmann. Für sein kommunikatives und finanzielles Geschick wurde er geschätzt und gehasst. Das Berend-Lehmann-Museum in Halberstadt schildert sein Wirken.
Mehr dazu: Artikel über Berend Lehmann in Medaon, Magazin für jüdisches Leben.